[Blog] Main Event des WSOP 2017: Nur vom Feinsten!

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Davidi Kitai, der Pro aus dem Team Winamax, berichtet in seinem neuesten Blog vom Main Event der Word Series of Poker in Las Vegas. Viel Spaß!

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Das Main Event der WSOP 2017 ist gerade zu Ende gegangen und das Mindeste was man hierüber sagen kann ist, dass das schönste Turnier der Welt mal wieder all seine Versprechen gehalten hat. Bei dieser 48. Ausgabe haben sich ganze 7.221 Spieler zusammengefunden, dies ist die dritthöchste Beteiligung aller Zeiten nach 2010 (7.319 Spieler) und 2006 (8.773 Spieler). Die hohe Anzahl an Spielern und der Buy-in von 10.000 $ haben zu einem außergewöhnlichen Preispool von 67.900.000 $ geführt, bei dem alle Finalisten garantiert einen Millionenbetrag bekommen und der Gewinner sogar 8.150.000 $ kassiert.

Neben diesen kolossalen Preisgeldern, ist es aber natürlich auch vor allem das Prestige des ersten Platzes, dass alle im Kopf haben und natürlich das begehrte Bracelet, etwas kitschig, aber mit extrem hohen Symbolwert. Der Weltmeister wird zu einer Pokerlegende, sein Foto schmückt bis in alle Ewigkeit die Wände des Rio und sein Name brennt sich in die Köpfe der Pokerfans auf dem gesamten Planeten.

Es ist ein Turnier, das Spieler aus allen Ecken der Welt anzieht, sämtliche Nationalitäten sind vertreten, jedes Alter und interessante Charaktere. Und auch wenn alle professionellen Pokerspieler an diesem Turnier teilnehmen, so ist das Niveau dank der vielen ambitionierten Amateure und Pokerfans im Allgemeinen doch recht unterschiedlich. Man könnte es beispielsweise mit einem 500 $ Buy-in-Turnier in vergleichen.

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Ich spiele dieses Turnier seit dem Jahr 2006, das macht also elf Teilnahmen, für lediglich drei bezahlte Plätze. In diesem Jahr habe ich mein bestes Ergebnis erzielt und zwar mit einem 223. Platz für 46.096 $. Neben diesem mehr als zufriedenstellenden Ergebnis, hatte ich auch noch außerordentlich viel Spaß, weil ich die meiste Zeit des Turniers mit einem großen Stack spielen konnte und zudem von dessen besonderer Struktur profitieren konnte.

Vor allem werde ich mich noch lange Zeit an das Platzen der Bubble erinnern. Zunächst deshalb, weil es ein einmaliger Moment beim Main Event ist, wenn auf einmal tausend Leute laut anfangen zu jubeln und schließlich, weil es mir vorbehalten war, den Bubble Boy aus dem Turnier zu werfen, was diesen Moment noch etwas magischer gemacht hat.

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Lasst und darum noch einmal auf diese besondere Hand zurückblicken. Wir befanden uns kurz vorm Platzen der Bubble, also kurz vor dem Erreichen der bezahlten Plätze und einem sicheren Preisgeld von 15.000 $. Dank meines recht ansehnlichen Stacks, konnte ich die Kontrolle am Tisch übernehmen. Lediglich zwei Stacks am Tisch entsprachen ungefähr meinem Stack, und eben diese Spieler haben sich entschieden, mir keinerlei Widerstand zu leisten. Ich konnte also voll vom Druck der Bubble profitieren und konsequent Blind stehlen, indem ich drei Tage lang sämtliche Hände geraist habe.

Wir waren also im hand for hand-Modus angekommen und ich gucke UTG auf ein hübsches Paar Könige (sick!). Selbstverständlich habe ich geraist, wie ich es auch mit jeder anderen Hand gemacht hätte. Der Spieler zu meiner Linken, Quan Zhou, hat sich zu einem Reraise entschieden. Bei ihm handelte es sich um einen "Highstakes-Reg" der Tische in Macau, der mit Sicherheit reichlich genervt gewesen ist von meiner Aggressivität und Aktivität am Tisch. Ich wusste, dass er vermutlich der Spieler am Tisch ist, der am wenigsten scared-money ist, der einzige Spieler also, der in der Lage ist, sich gegen mich zu wehren. Ich habe mich darum entschieden, sein Reraise nur zu bezahlen und ihm so eine Falle zu stellen.

Der Flop kam mit T T J. Ich hätte mir kaum ein besseres Board wünschen können wenn man bedenkt, dass für ihn eine 3-bet möglich wäre mit vielen Broadway-Draws und einer weiten Range, andererseits, hatte ich in meiner eigenen Range viele Möglichkeiten auf diesem Board, was das Risiko enthielt, dass er sich für ein slow-play entscheidet. Ich habe also gechecked, er auch.

Auf dem Turn, die 7. Ich habe mich entschieden die Initiative zu ergreifen und ein Viertel des Pots zu setzen. Er hat wiederum geraist und zwar um das Dreifache meines Einsatzes. Ich habe bezahlt. Ich habe mir gesagt, dass Bluffs sicherlich zu seiner Range gehören, ebenso wie Hände mit Value Cut (Hände, mit denen er auf Value wettet, die aber schwächer sind als meine Hand) aber auch sehr starke Hände, die mich schlagen können, wie etwa 89, 77, JJ oder auch JT. Bei anderen Händen mit einer zehn denk ich, dass er lediglich eine C-Bet auf dem Flop gemacht hätte.

Der River ist Hollywood-like: K! Ich checke und mein Gegner geht All-in, eineinhalb mal so viel wie der Pot. Ich snap-calls, es folgt aber erstmal ein außergewöhnlicher Augenblick, wir mussten nämlich 15 Minuten warten, bis an allen Tischen die aktuelle Hand beendet war. Der Turnierdirektor und die Kameras von ESPN haben eine Runde zu allen Tischen gedreht, in denen ein Spieler All-in ist und als der Showdown an meinem Tisch übers Mikro angekündigt wurde, brach im ganzen Saal riesiger Jubel aus. Naja, außer bei meinem Gegner natürlich, der seinen gesamten Stack bei einem Bluff mit A 9 gesetzt hatte!

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Im Folgenden verlief das Turnier für mich leider weniger glücklich: Ich habe die Hälfte meiner Chips während des Day 4 verloren, dann bin ich etwa zwei Stunden nach Beginn des Day 5 eliminiert wurden. Nach vielen schlechten Karten hatte ich schließlich mit einem Paar Könige einen guten Spot, um meinen restlichen Stack zu setzen, musste mich aber gegen A 9 geschlagen geben - mein Turnier war beendet. Trotzdem habe ich das Gefühl, während dieses Deepruns eine Menge gelernt zu haben: Die Hoffnung lebt also für die kommenden Jahre!

Die belgischen Spieler haben in diesem Main Event einige hübsche Deep Runs hingelegt, so etwa der November Niner 2016 Kenny Hallaert, der einen hervorragenden Sommer spielt und Vegas einmal mehr mit seinem Talent in Erstaunen versetzte. Was aber die Franzosen zustande gebracht haben, ist einfach nur atemberaubend. Mit ganzen 27 Spieler in the money und sechs Spielern, die am Day 6 teilgenommen haben, hatten die Franzosen vier ihrer Landsleute unter den Teilnehmern des Day 7, d. h. im Halbfinale des schönsten Turnier des Jahres: Alexandre Réard (16. Platz, 340.000 $), Valentin Messina (15. Platz, 450.000 $) und insbesondere natürlich die beiden Finalisten Antoine Saout (5. Platz, 2.000.000 $) und Benjamin Pollak (3. Platz, 3.500.000 $).

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Dies ist natürlich das beste Ergebnis aller Zeiten für die französischen Spieler in diesem Turnier und es wird sicherlich nicht leicht, diese Leistung noch einmal zu toppen, auch wenn man es sich natürlich erhofft.

Interessant ist es noch kurz einen Blick darauf zu werfen, dass jene Franzosen, die besonders stark abgeschnitten haben, einige auffällige Gemeinsamkeiten aufweisen: Sie sind bekannt und allgemein anerkannt, sie sind alle etwa im selben Alter (30 Jahre und älter), haben reichlich Erfahrung auf dem Circuit, haben allesamt online auf ".com-Seiten" gespielt, hauptsächlich MTTs, und haben bereits an mehreren Ausgaben des Main Event bei den WSOP teilgenommen.

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Es ist augenscheinlich sehr vorteilhaft, die Besonderheiten des Turniers zu kennen ebenso wie die Eigenarten des amerikanischen Spielstils, schließlich kommt die große Mehrheit der Teilnehmer aus den USA, egal ob es sich dabei um Amateure oder Online-Spieler handelt. Sich anpassen können, die Spielgeschwindigkeit ändern, die Gegner zu lesen und ein Verständnis des ICM zu haben - dies sind beim Main Event der WSOP weitaus wichtigere Konzepte als weitreichende Kenntnisse des GTO, der Spieltheorie oder der reinen Technik. Ist daher alles andere als eine Überraschung, dass sämtliche französischen Spieler, die in diesem Jahr eine starke Performance an den Tag gelegt haben, diese Qualitäten besitzen.

Also, bis bald zu neuen Abenteuern auf dem Circuit!